Erkennen von Täuschungen

Die meisten Menschen kennen Pinocchio; die hölzerne Marionette, deren Nase sofort wuchs, wenn er eine Lüge erzählte. Obwohl wir alle Experten im Lügen sind, fällt es uns schwer bei anderen Lügen zu erkennen. Es gibt keine physische Reaktion, die nur dann auftritt, wenn wir lügen und kein Verhalten, das eine fehlerfreie Diagnose der Lüge darstellt. Es gibt auch kein Hirnareal, das nur dann aktiv ist, wenn wir lügen, denn Lügen ist eine sehr komplexe Angelegenheit, an der mehrere Areale beteiligt sind. Beim Lügen muss man nämlich einerseits die Wahrheit kennen und unterdrücken und andererseits sich eine überzeugende Lüge ausdenken und dabei so glaubwürdig wie möglich erscheinen. 

Heutzutage sind immer noch fehlerhaften Annahmen verbreitet, dass es einen Zusammenhang zwischen Anzeichen der Nervosität, Angst und Stress mit Lügen gibt. Auch erfahrene Ermittler sagen regelmäßig, dass sie im Verhörraum anhand der Körpersprache (schwitzen, erröten, wackeln und zappeln) erkennen können, ob der Verdächtige lügt. Man kann jedoch nicht unterscheiden, ob der Verdächtige Angst hat entdeckt zu werden, oder Angst hat, dass ihm nicht geglaubt wird (der Othello-Effekt). Schlechte Lügendetektionsgenauigkeit hängt vor allem damit zusammen, dass man sich auf schwache und unzuverlässige Hinweise auf Täuschung verlässt. Trotz des weltweit verbreiteten Glaubens wenden Lügner beispielsweise ihren Blick nicht mehr ab als Wahrheitssprecher. Sehr oft werden solche fehlerhaften Annahmen getroffen, die sich unterschwellig auf Angst, Stress und Nervosität beruhen. Es gibt jedoch keinen erwiesenen Zusammenhang zwischen dieser Art von Nervosität und Lügen.

In Situationen mit hohem Einsatz, wie bei Strafverfahren, sind genaue und zuverlässige Techniken zur Aufdeckung von Täuschungen aber sehr wichtig. Die Methoden zur Aufdeckung von Täuschung sollten auf einem soliden wissenschaftlichen Rahmen beruhen, zuverlässig auf eine mögliche Beteiligung an einem Verbrechen hinweisen und unrechtmäßige Inhaftierungen vermeiden. Aber ist das möglich?

Sogar gegenwärtig angewandte Techniken zur Aufdeckung von Unehrlichkeit, wie zum Beispiel der Polygraph, basieren auf der Idee, dass eine Angst- oder Stressreaktion Täuschung offenbart (In Deutschland ist die Anwendung solcher Polygraphen in Strafverfahren nicht zulässig). Solche unzuverlässige Lügendetektionstests, die auf stressbedingten Hinweisen basieren, sollten vermieden werden, weil sie vor allem Unschuldige fälschlicherweise als Lügner identifizieren. Es gibt aber auch eine Methode um Erinnerungsspuren aufzuspüren, wobei es um die Erkennung von intimen Verbrechensdetails geht und nicht darum Täuschung aufzudecken. Dieser Test wird Concealed Information Test(CIT) genannt. Wo man mit dem Polygraphen versucht durch die Interpretation von Antworten auf Verhörfragen wie „Haben Sie Herrn X getötet?“ Täuschung festzustellen, ist es der Zweck des CITs zu überprüfen, ob der Verdächtige Kenntnis von bestimmten kriminellen Informationen hat. Zum Beispiel wird beim CIT abgefragt, ob die Mordwaffe eine Bombe, eine Schusswaffe oder ein Messer war. Diese Methode wird daher nicht als Lügendetektionstest, sondern als Gedächtniserkennungstest bezeichnet. Der CIT ist damit zuverlässiger und weniger anfällig für falsch-positive Befunde: Die Gefahr, dass eine unschuldige Person durch diesen Test fälschlicherweise als Lügner angezeigt wird, ist sehr unwahrscheinlich. 

Die Art und Weise, wie Menschen reden, kann auch ein Indikator für Lügen sein. Menschen, die die Wahrheit sagen, sind eher geneigt spontane Details zu nennen: Farben, Gerüche, Zeiten, und Zeugen. Sie korrigieren sich selbst, wenn sie Details ausgelassen haben und geben es zu wenn sie etwas vergessen haben. Lügner halten oft an der einen Geschichte fest, die sie auswendig gelernt haben. Sie sind weniger ausführlich und können weniger Details nennen. Forschung zeigt zudem an, dass Menschen die die Wahrheit Angaben machen können, die faktisch überprüfbar sind, wobei Lügner Angaben machen die vage und unkontrollierbar sind. 

Weil verschiedene Techniken bei der Erkennung von Täuschung behilflich sein können, bleibt der Entscheidung kompliziert. Besonders wenn es große gerichtliche Folgen mit sich mitbringt, ist es wichtig andere Beweise objektiv zu beurteilen.

Literatur

  • Ben–Shakhar, G. (2012). Current research and potential applications of the Concealed Information Test: An overview. Frontiers in Psychology3: 342.
  • DePaulo, B. M., Lindsay, J. J., Malone, B. E., Muhlenbruck, L., Charlton, K., & Cooper, H. (2003). Cues to deception. Psychological Bulletin129(1), 74.
  • Nahari, G. (2018). The applicability of the verifiability approach to the real world. In Detecting concealed information and deception (pp. 329-349). Academic Press.